In einer dritten Episode des Alerion Podcasts diskutiert Nicola Kömpf mit ihrer Kollegin, Almut Diederichsen, das Thema, ob man das deutsche Recht in deutsch-französischen Verträgen wirklich fürchten muss

In einer dritten Episode des Alerion Podcasts diskutiert Nicola Kömpf mit ihrer Kollegin, Almut Diederichsen, das Thema, ob man das deutsche Recht in deutsch-französischen Verträgen wirklich fürchten muss. (…)

Wenn Sie den Podcast in Französisch hören möchten, klicken Sie bitte hier https://podcast.ausha.co/les-podcasts-d-alerion-avocats/episode-3-contrats-commerciaux-cross-border-franco-allemands-avec-nicola-kömpf

VORTRAG AKTUELLEN THEMEN IM DEUTSCH-FRANZÖSISCHEN ARBEITSRECHT vorgetragen

Nicola KÖMPF Avocate associée/Rechtsanwälte, Leiterin des German Desk der Kanzlei Alerion Avocats und Mathilde Gicquel, Avocate, collaboratrice des German Desk der Kanzlei Alerion Avocats, haben am 30. September 2024 im Rahmen einer Sitzung des Rechtsausschusses der Deutsch-Französischen Handelskammer Paris ( AHK/CFACI) in den Räumen der Kanzlei Taylor Wessing, zu

VORTRAG AKTUELLEN THEMEN IM DEUTSCH-FRANZÖSISCHEN ARBEITSRECHT vorgetragen.

Insbesondere wurden die neue Berechnung von Urlaubstagen nach Abwesenheit wegen Krankheit, der Umgang mit „burn out“ von Arbeitnehmern, Homeoffice im Ausland und die Anerkennung von illoyalen Beweismitteln erörtert.  

Nicola Kömpf, Rechtsanwältin in Paris und Berlin, hat gestern bei Alerion Avocats die Jahrestagung des Deutschen Anwaltvereins in Frankreich (AAF / DAV Frankreich), unter dem Vorsitz von Frau Dr. Antje Luke empfangen

Nicola Kömpf, Rechtsanwältin in Paris und Berlin, hat gestern bei Alerion Avocats die Jahrestagung des Deutschen Anwaltvereins in Frankreich (AAF / DAV Frankreich), unter dem Vorsitz von Frau Dr. Antje Luke, in Kooperation mit den Arbeitsgemeinschaften Internationales Wirtschaftsrecht und  Handels- und Gesellschaftsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) zu einem im Rahmen der verstärkten europäischen Zusammenarbeit höchst aktuellen Thema, empfangen:

„ Joint-Venture Gesellschaften – Welche Besonderheiten aus der Sicht des deutschen und französischen Rechts? „

Dies war auch eine Gelegenheit für die Mitglieder der AAF / DAV, sich auszutauschen und in einem geselligen Rahmen zusammenzukommen.

VIDEO Teil 4 | Ideen zum Thema : Wie kann ich den deutschen Markt erobern ?

Wirtschaftsrecht: Mit Alerion über die Zukunft sprechen.

Das Wirtschaftsrecht ist einem ständigen Wandel unterworfen. Die wirtschaftlichen Zwänge erfordern eine stetige und immer schnellere Anpassung. Steuern, Vermögen, Gesellschaftsrecht, Wettbewerbsrecht, geistiges Eigentum, Arbeitsrecht…

In Form einer Reihe von Videointerviews (in Französich mit englischen Untertiteln) teilen die Anwälte der Kanzlei Alerion avocats ihre praktischen Analysen mit Ihnen.

Nicola KÖMPF, Partnerin und Leiterin des German Desk bei Alerion avocats in Paris, teilt in diesem Video mit Ihnen Ihre Erfahrung und Ideen, wie Sie den deutschen Markt mithilfe einfacher, aber hochqualifizierter,  Ratschläge  erobern können. Ob Sie eine Zusammenarbeit mit einem deutschen Handelsvertreter planen, ein Unternehmen in Deutschland gründen oder einfach nur das deutsche Arbeitsrecht verstehen wollen, dieses Video enthält nützliche Ratschläge und bietet Ihnen klare Perspektiven.

Wenn Sie mehr wissen möchten, steht Ihnen unser Expertenteam des German Desk gerne zur Verfügung.

Video erstellt von @uplawder8337

News aus dem französischen Arbeitsrecht

Der frz. Kassationshof hat kürzlich einige Punkte klargestellt, die für deutsche Unternehmen, die Arbeitnehmer in Frankreich beschäftigen, von erheblicher Bedeutung sind

  • Der Betriebsleiter eines deutschen Unternehmens kann ggfs. einen Arbeitnehmer eines anderen Konzernunternehmens in Frankreich entlassen

Die Durchführung eines Kündigungsverfahrens fällt grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich der Geschäftsführung des Unternehmens, das den betreffenden Arbeitnehmer beschäftigt.

Die Geschäftsführung kann diese Befugnis jedoch an einen anderen Mitarbeiter des Unternehmens delegieren, der in die Personalverwaltung eingebunden ist (z. B. den Personalleiter (Cass. Ch. Mixte 19.11.2010 Nr. 10-10.095) oder den Finanzdirektor (Cass. Soc. 18.11.2003 Nr. 01-43.608), nicht jedoch an eine Person, die nicht zum Unternehmen gehört (Cass. Soc. 20.10.2021 Nr. 20-11.485).

Die neuste Rechtsprechung hat den Begriff „fremde Person“ in Unternehmensgruppen genauer definiert und entschieden (Cass. Soc. 28.06.2021 Nr. 21-18.142), dass ein Generaldirektor einer Muttergesellschaft unter bestimmten Bedingungen einen Arbeitnehmer einer Tochtergesellschaft, deren Aktivitäten er beaufsichtigt, entlassen kann (Cass. Soc. 13.06.2018 Nr. 16-23.701), ebenso wie der Geschäftsführer eines anderen Unternehmens des Konzerns, der vom Geschäftsführer des Arbeitgeberunternehmens beauftragt wurde, insbesondere die Geschäftsabläufe und die Personalverwaltung der Tochtergesellschaft zu leiten (Cass. Soc. 28.06.2021 Nr. 21-18.142).

Die Personalleiterin einer Konzerntochter kann jedoch einen Arbeitnehmer einer anderen Konzerntochter nicht kündigen, wenn nicht nachgewiesen wird, dass sie in dieser anderen Tochtergesellschaft Direktionsbefugnisse innehatte (Cass. Soc. 20.10.2021 Nr. 20-11.485).

Da die fehlende Vertretungsmacht bis zur Nichtigkeit der Kündigung reichen kann, empfiehlt es sich, die Vertretungsbefugnisse sorgfältig zu prüfen, bevor ein Kündigungsverfahren in einer Tochtergesellschaft in Frankreich eingeleitet wird.

  • Kann man sich gegenüber einem frz. Arbeitnehmer, innerhalb eines internationalen Konzerns, auf einen Incentive-/Bonusplan berufen, der in Englisch verfasst ist?

In vielen internationalen Unternehmensgruppen ist die gemeinsame Sprache Englisch. Insbesondere Incentiv-/Bonuspläne werden für alle Arbeitnehmer, auch für die, die bei einer frz. Tochtergesellschaft beschäftigt sind, einheitlich in Englisch verfasst. Gemäß Artikel L.1321-6 des Arbeitsgesetzbuchs muss jedes Dokument, das Verpflichtungen für den Arbeitnehmer enthält, die für die Ausführung seiner Arbeit erforderlich sind, in französischer Sprache verfasst sein, mit Ausnahme von Dokumenten, die aus dem Ausland stammen. Die Festlegung von Zielen eines Arbeitnehmers in Frankreich muss daher zwangsläufig aus einem in französischer Sprache verfassten Dokument hervorgehen, auch wenn die Tätigkeit des Unternehmens internationalen Charakter hat (Cass. Com. Soc. 03.05.2018 Nr. 16-13.736).

Die aktuelle Frage war (Cass. Soc. 07.06.2023), ob ein von der amerikanischen Muttergesellschaft in Englisch verfasster Bonusplan einem französischen Arbeitnehmer entgegengesetzt werden kann, oder ob ihm mangels eines Dokuments in Französisch der volle Bonus zusteht. Der frz. Kassationshof war der Ansicht, dass zur Beantwortung dieser Frage vorab festgestellt werden müsse, ob dieses Dokument aus dem Ausland stammt oder nicht. Daraus lässt sich ableiten, dass ein Dokument, das direkt aus dem Ausland an den französischen Arbeitnehmer gerichtet ist, diesem gegebenenfalls entgegengehalten werden könnte, auch wenn es in Englisch verfasst ist. Wir raten daher dringend, alle für französische Arbeitnehmer bestimmte Dokumente in Französisch zu verfassen/übersetzen zu lassen, da sonst die Gefahr besteht, jeweils den vollen Betrag zahlen zu müssen.

Für Fragen im frz. Arbeits-/Handels-/und Gesellschaftsrecht steht Ihnen unser German desk jederzeit zur Verfügung.

Nicola Kömpf, Avocat/Rechtsanwältin, Partner

Nicola Kömpf hat einen Artikel  zum Thema „Frankreich verschärft Schutz der Landwirte im Handelsrecht ( frz. EGalim -Gesetze)“ in der Lebensmittel Zeitung veröffentlicht.

Nicola Kömpf, Avocat, zugelassen in Paris und Rechtsanwältin, zugelassen in Berlin, Partnerin und Head of German Desk der Kanzlei Alerion avocats in Paris, hat am 1. September 2023 einen Artikel  zum Thema „ „Frankreich verschärft Schutz der Landwirte im Handelsrecht ( frz. EGalim -Gesetze)“ in der Lebensmittel Zeitung veröffentlicht.

Internationale Mobilität – arbeitsrechtliche und steuerrechtliche Problemstellungen aus der Praxis

Zum Trendthema „Internationale Mobilität – arbeitsrechtliche und steuerrechtliche Problemstellungen aus der Praxis“ hat Frau RAin Nicola Kömpf, Partnerin bei Alerion Avocats und Leiterin des German Desk, gestern gemeinsam mit Kollegen der Kanzleien BMH, GVV und CMS im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung des Rechts- und Steuerausschusses der AHK Paris, vorgetragen.

Anhand eines praktischen Falls wurden verschiedene Themen rund um die Einstellung eines Arbeitnehmers durch eine deutsche Firma ohne Sitz in Frankreich erörtert.

Der nächste Vortrag mit Fokus auf die Entsendung von Mitarbeitern findet am 12. Juni 2023 um 18h30 statt.

Melden Sie sich gerne bei kdreux@francoallemand.com an.

Nicht nur die umstrittene Rentenreform sorgt für interessante News aus Frankreich

I. Neuigkeiten aus dem französischen Arbeitsrecht

  1. Erleichterungen bei der Entsendung von Mitarbeitern nach Frankreich

Per Dekret vom 17. März 2023 wurde Art. R.1263-1 des französischen Arbeitsgesetzbuchs dahingehend geändert, dass kein Dokument mehr am Ort der Ausübung der Arbeit in Frankreich vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden muss, aus dem sich das auf den Arbeitsvertrag anwendbare Recht ergibt, noch aus dem man die Anzahl der abgeschlossenen Verträge und der dazugehörigen Umsätze im Ursprungsland und in Frankreich entnehmen kann.

  1. Die Strecke von zu Hause bis zur Arbeit kann bei Außendienstmitarbeitern als effektive Arbeitszeit gewertet werden

Im französischen Recht ist die effektive Arbeitszeit als diejenige definiert, während der der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und nicht seinen persönlichen Beschäftigungen nachgehen kann (Art. L.3121-1 französisches Arbeitsgesetzbuch), wobei sich aus Art. L.3121-4 des französischen Arbeitsgesetzbuchs ergibt, dass die Fahrzeit zwischen dem Domizil und dem Arbeitsplatz keine effektive Arbeitszeit ist.

Der französische Kassationshof hatte diese Interpretation auf die Fahrzeit von Außendienstmitarbeitern zwischen deren Domizil und dem ersten Kunden und vom letzten Kunden zurück ausgedehnt.

Mit einem Urteil vom 1. März 2023 hat der französische Kassationshof seine Rechtsprechung geändert.

Die obengenannten Fahrzeiten von Außendienstmitarbeitern können als Überstunden gewertet werden, wenn der Mitarbeiter während dieser Zeit zur Verfügung des Arbeitgebers stand. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Fahrtenkalender im Voraus mit dem Vorgesetzten des Außendienstmitarbeiters abgestimmt wird und dieser während der Fahrzeit Anrufe wegen Eileinsätzen entgegennehmen muss.

Bei der Gestaltung der Arbeitsverträge von Außendienstmitarbeitern ist folglich Vorsicht geboten, um spätere Überstundenforderungen zu vermeiden.

  1. Es lebe der Sport !

Geschenke (Eintrittskarten, Transport, Unterkunft…), die Betriebsräte oder Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern für die Rugby-Weltmeisterschaft 2023 oder die Olympischen Sommerspiele 2024 (beide in Frankreich) machen, sind bis zu 25 % der monatlichen Obergrenze für die Sozialversicherung (d. h. 917 € im Jahr 2023) pro Kalenderjahr und Arbeitnehmer von Sozialversicherungsbeiträgen befreit.

  1. Achtung: auch bei Arbeitnehmern mit Jahrestagespauschelen („forfaits jours“) muss der Arbeitgeber die Arbeitszeiten im Auge behalten

Insbesondere Ruhezeiten müssen beachtet werden (der Arbeitgeber muss hier Videokonferenzen mit Zeitverschiebung und im Allgemeinen Sitzungen, an denen der Arbeitnehmer teilnimmt, in die Arbeitszeit miteinbeziehen, auch wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit weitgehend autonom gestalten kann (siehe frz. Kassationshof – 22. Februar 2022).

II. Neuigkeiten aus dem französischen Wirtschaftsrecht

  1. Geschenke an Kunden, um Gewinne und Marktanteile zu steigern, sind verboten

Im Rahmen ihrer Ermittlungsbefugnis hatte die französische Generaldirektion für Wettbewerb, Verbraucherschutz und Betrugsbekämpfung (DGCCRF) zwischen 2015 und 2021 in ganz Frankreich illegale Praktiken eines Pharmakonzerns aufgedeckt. Der pharmazeutische Hersteller bot Apothekern Geschenke u. a. als Gegenleistung für den Kauf von Produkten seiner Marken an und verstieß damit gegen die Bestimmungen des französischen Gesundheitsgesetzes. Diese Geschäftsstrategie hatte es dem Konzern ermöglicht, seine Gewinne und Marktanteile erheblich zu steigern.

Neben der Einziehung von mehr als 5,4 Millionen Euro, die strafrechtlich beschlagnahmt wurden, wurden gegen den Konzern im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens mit vorheriger Schuldanerkennung, Geldbußen in Höhe von insgesamt 1.125 Millionen Euro verhängt.

  1. Reorganisation des französischen Handelsregisters und Veröffentlichung von Jahresabschlüssen

Seit der großen Reorganisation der französischen Handelsregister am 1. Januar 2023 erfolgt die Einreichung von Jahresabschlüssen entweder elektronisch über die Plattform namens „Guichet Unique“ (d.h. dem „Elektronischen Ansprechpartner für alle Registeranmeldungen insbesondere im Gesellschaftsrecht“) oder in Papierform bei dem jeweiligen Handelsgericht. Die Inbetriebnahme des „Guichet Unique“ hat jedoch einen chaotischen Start erfahren und hat die Anmeldungen einige Wochen erheblich eingeschränkt.

Das Verfahren zur Veröffentlichung von Jahresabschlüssen auf elektronischem Wege bereitet weiterhin Probleme, so dass wir dringend empfehlen, in diesem Jahr Unterlagen in Papierform einzureichen.

Während einige Geschäftsstellen elektronisch unterzeichnete Unterlagen akzeptieren, verlangen andere immer noch handschriftlich unterzeichnete Originale, so dass wir dringend empfehlen, die handschriftliche Unterzeichnung in der erforderlichen Anzahl von Exemplaren vorzunehmen, um Schwierigkeiten bei der Hinterlegung der Jahresabschlüsse zu vermeiden.

Darüber hinaus ist anzumerken, dass dieses Jahr die Ausnahmeregelungen der Covid-19-Krise ausgelaufen sind und somit Gesellschafterversammlungen in frz. „SAS“ (frz. vereinfachte Aktiengesellschaft) auf elektronischem Wege nur noch möglich sind, wenn dies in der Satzung vorgesehen ist. 

Unser German Desk steht Ihnen jederzeit für Rückfragen oder weitere Auskünfte im Gesellschafts-, Handels-, Arbeits- und Insolvenzrecht zur Verfügung.

Nicola Kömpf, Partner und Mathilde Gicquel, angestellte Rechtsanwältin.

Große Reorganisation bei den frz. Handelsregistern: Planen Sie längere Fristen für Ihre Anmeldungen/Hinterlegungen ein!

Seit dem 1. Januar 2023 müssen in Frankreich alle gesellschaftsrechtlichen Anmeldungen/Hinterlegungen zwingend über eine einzige Website erfolgen, dem sog. „Guichet Unique“ (d.h. dem „Elektronischen Ansprechpartner für alle Registeranmeldungen insbesondere im Gesellschaftsrecht“).

Leider sind die Nutzung und Umsetzung der neuen Website chaotisch: Die Website ist oft unzugänglich, hat große technische Probleme, manche Formalitäten sind gar nicht möglich, andere bleiben tagelang blockiert, die Hotline ist hoffnungslos überlastet, usw..

Man muss daher in den nächsten Wochen, ggfs. Monaten, unbedingt längere Fristen für die Erledigung von Anmeldungen/Hinterlegungen einplanen und die Anträge frühzeitig stellen, um die gesetzlichen Fristen einzuhalten.

Dies wird insbesondere bei der Veröffentlichung der Jahresabschlüsse 2022 zu berücksichtigen sein, die innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres erfolgen muss.

Unser German Desk steht Ihnen bei Fragen zu diesen Themen sowie im Allgemeinen zu gesellschaftsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Themen, gerne zur Verfügung.

Nicola Kömpf, Avocat au Barreau de Paris und Rechtsanwältin, Berlin, und Mathilde Gicquel, Avocat au Barreau de Paris.

„Ein Schritt des Gesetzgebers in Richtung Arbeitgeber, wenn ein Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erscheint, und drei Schritte rückwärts in der Rechtsprechung, was Überstunden bei Reisezeiten von Außendienstmitarbeitern betrifft“

Gleichzeitig mit der Einführung eines neuen Artikels im frz. Arbeitsgesetzbuch („Code du travail“), der die etablierte und sehr arbeitnehmerfreundliche Rechtsprechung für Arbeitnehmer, die einfach nicht mehr an ihrem Arbeitsplatz erscheinen, in Frage stellt (1), hat die „Cour de cassation“ (frz. BGH) eine komplette Kehrtwende gemacht, was die Qualifikation von Reisezeiten von Außendienstmitarbeitern betrifft (2).

1) Die neue Rücktrittsvermutung

In einem neuen Gesetz über „Sofortmaßnahmen im frz. Arbeitsmarkt in Hinsicht auf Vollbeschäftigung“, das am 17. November 2022 vom frz. Senat verabschiedet wurde und vom „Conseil constitutionnel“[1] (d.h. Verfassungsrat) am 15. Dezember 2022 für verfassungskonform befunden wurde, hat der frz. Gesetzgeber die bisherige Rechtsprechung der  „Cour de cassation“, wonach der Rücktritt eines Arbeitnehmers nicht vermutet werden kann, wenn er unentschuldigt nicht mehr an seinem Arbeitsplatz erscheint[2], komplett umgekehrt.

Bislang konnte ein Arbeitgeber die unbegründeten Abwesenheiten eines Arbeitnehmers nicht als arbeitnehmerseitige Kündigung/Rücktritt werten. Er konnte den Arbeitnehmer lediglich abmahnen, die Arbeit wieder aufzunehmen und seine Abwesenheit zu begründen. Erst nach Ermangelung einer befriedigenden Antwort, konnte der Arbeitgeber ein Disziplinarverfahren / Kündigungsverfahren einleiten.

Viele Arbeitnehmer haben in der Vergangenheit diese Situation genutzt, um Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend machen zu können, da das Ende des Arbeitsverhältnisses auf einer arbeitgeberseitigen Kündigung beruhte. Da das Nichterscheinen am Arbeitsplatz in vielen Unternehmen „zu erheblichen Störungen geführt hat, die sich sowohl negativ auf den Arbeitgeber als auch auf die anderen Arbeitnehmer ausgewirkt haben, die mit der unvorhergesehenen und unbegründeten Abwesenheit einer ihrer Kollegen/Kolleginnen zurechtkommen mussten[3], hat der frz. Gesetzgeber einen neuen Artikel L1237-1-1 in den frz. „Code du travail“ eingeführt, der wie folgt lautet:

Von einem Arbeitnehmer, der seinen Arbeitsplatz freiwillig aufgibt und nicht zur Arbeit erscheint, nachdem er per Einschreiben mit Rückschein oder gegen Empfangsbestätigung aufgefordert wurde, sein Nichterscheinen zu begründen und seine Arbeit innerhalb einer vom Arbeitgeber gesetzten Frist wieder aufzunehmen, wird vermutet, dass er mit Ablauf dieser Frist gekündigt hat.

Ein Arbeitnehmer, der die Kündigung seines Arbeitsvertrags auf Basis dieser Vermutung anfechtet, kann beim Arbeitsgericht Klage gegen die Kündigung erheben. Die Angelegenheit wird direkt vor das Entscheidungsgremium gebracht, das über die Art der Kündigung und die damit verbundenen Folgen entscheidet. Das Gericht entscheidet innerhalb eines Monats.

Die in Absatz 1 vorgesehene Frist darf eine Mindestfrist nicht unterschreiten, die durch eine Verordnung des frz. „Conseil d’Etat“ (d.h. Staatsrates) festgelegt wird. Diese Verordnung setzt die Anwendungsmodalitäten des vorliegenden Artikels fest.“

Der Vorteil dieser neuen Bestimmung wird vor allem darin liegen, dass der Arbeitgeber schnell Klarheit schaffen und die Stelle neu besetzen kann, ohne ein ganzes formlastiges Kündigungsverfahren nach frz. Recht durchführen zu müssen.

Der Arbeitnehmer kann diese Rücktrittsvermutung jedoch in einem Sonderverfahren vor dem Gericht anfechten und versuchen sie zu widerlegen, mit der Behauptung er sei gezwungen oder berechtigt gewesen, seinen Arbeitsplatz zu verlassen (z. B. aufgrund der Ausübung seines Streikrechts, seines Rückzugsrechts oder seines Gesundheitszustands[4]).

Die Frage stellt sich dann, ob die Widerlegung der Vermutung als eine ungerechtfertigte Kündigung bewertet würde, mit einem Schadensersatzanspruch zugunsten des Arbeitnehmers, oder ob diese ein Wiedereinstellungsrecht begründen würde.

Grundsätzlich kann ein Arbeitnehmer, dem gekündigt wurde nach frz. Recht zwar ein Wiedereinstellungsrecht geltend machen, das Gericht kann diesem Antrag jedoch nur stattgeben, wenn kein Grund vorliegt, der die Fortführung des Vertrags unmöglich macht, worunter die Behauptung des Arbeitgebers fällt, er könnte mit diesem Arbeitnehmer nicht mehr arbeiten. Diese Unmöglichkeit endet dann mit einem Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers.

Nicht nur diese Frage, sondern auch andere Themen hat der neue Gesetzesentwurf unbeantwortet gelassen, wie z. B. die Mindestdauer der Abwesenheit vor einer Mahnung.

Nun muss man nur noch die Veröffentlichung des Gesetzes im „Journal Officiel“ (d.h. Amtsblatt) abwarten, damit das Gesetz in Kraft treten kann. Außerdem sollte man auf die zukünftige Anwendungsverordnung des „Conseil d’Etat“ achten.

2) Reisezeit von Außendienstmitarbeitern: Achtung Überstunden!

Laut einem Urteil vom 23. November 2022[5] der „Cour de cassation“ werden fortan Reisezeiten von Außendienstmitarbeitern zwischen ihrem Wohnort und den Standorten des ersten und des letzten Kunden, die an einem Tag besucht werden, als „effektive Arbeitszeit“ gewertet und sind als solche zu vergüten. Bisher war die frz. „Cour de cassation“ der Ansicht, dass die Reisezeit des im Außendienst tätigen Arbeitnehmers keine Arbeitszeit ist, insbesondere gemäß Artikel L3121-4 des frz. „Code du travail“[6], und nur durch Ruhezeit oder finanzielle Entschädigung ausgeglichen[7] werden muss.

Obwohl diese neue Auslegung der frz. „Cour de cassation“ angesichts des Einflusses des europäischen Rechts, insbesondere der Richtlinie 2003/88/EG und ihrer Rechtsprechung erwartet wurde, wird diese sehr wahrscheinlich zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten über die Anerkennung von Reisezeiten als Arbeitszeit und die entsprechende Vergütung von Überstunden führen.

Arbeitgeber werden zukünftig die Reisezeiten ihrer Außendienstmitarbeiter noch sorgfältiger überwachen müssen, insbesondere wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber während dieser Zeiten zur Verfügung steht und sich an seine Anweisungen halten muss, ohne frei seinen persönlichen Beschäftigungen nachgehen zu können[8].

Wenn die Fahrtzeit jedoch keine effektive Arbeitszeit i. S. d. Artikels L3121-4 des frz. „Code du travail“ darstellt, hat der Arbeitnehmer nur Anspruch auf den in Artikel L3121-4 des frz. „Code du travail“ vorgesehenen Ausgleich (d.h. durch Ruhezeit oder finanzielle Entschädigung), wenn er die Voraussetzungen dafür erfüllt.

Unser German Desk steht Ihnen bei Fragen zu diesen Themen sowie im Allgemeinen zu arbeits- oder gesellschaftsrechtlichen Themen, gerne zur Verfügung.

Nicola Kömpf, Avocat au Barreau de Paris und Rechtsanwältin, Berlin, und Mathilde Gicquel, Avocat au Barreau de Paris.

[1] Urteil des „Conseil constitutionnel“ vom 15. Dezember 2022 Nr. 2022-844 DC hier klicken https://www.conseil-constitutionnel.fr/sites/default/files/as/root/bank_mm/decisions/2022844dc/2022844dc.pdf

[2] Siehe: Urteile der „Chambre sociale de la Cour de cassation“ (d.h. Sozialkammer des frz. BGH) vom 24. März 1998, n°96-40.805 und vom 10. Juli 2022 n°00-45566.

[3] Bericht des französischen Senats vom 19. Oktober 2022, S. 30 (von F. PUISSAT und O. HENNO), hier klicken http://www.senat.fr/rap/l22-061/l22-0611.pdf

[4] Bericht des französischen Senats vom 19. Oktober 2022, S. 29 (von F. PUISSAT und O. HENNO), hier klicken http://www.senat.fr/rap/l22-061/l22-0611.pdf

[5] Urteil der „Chambre sociale de la Cour de cassation“ (d.h. Sozialkammer des frz. BGH) vom 23. November 2022, Nr. 20-21.924, hier klicken: https://www.courdecassation.fr/decision/637dcb6714982305d4c204de 

[6] Artikel L3121-4 des französischen „Code du travail“ (d.h. frz. Arbeitsgesetzbuch): „Die Reisezeit, um sich zum Ort der Erfüllung des Arbeitsvertrags zu begeben, ist keine effektive Arbeitszeit.

Übersteigt diese Zeit jedoch die normale Fahrtzeit zwischen dem Wohnort und dem üblichen Arbeitsort, so ist eine Gegenleistung entweder in Form von Ruhepausen oder in finanzieller Form zu gewähren. Der Zeitanteil dieser beruflichen Fahrzeit, der mit der Arbeitszeit zusammenfällt, führt zu keinem Lohnverlust.“

[7] Siehe: Urteile der „Chambre sociale de la Cour de cassation“ (d.h. Sozialkammer des frz. BGH) vom 14. November 2012, Nr. 11-18.571 und vom 30. Mai 2018, Nr. 16-20.634.

[8] Artikel L3121-1 des französischen „Code du travail“ (d.h. frz. Arbeitsgesetzbuch)