Ein neues französisches Gesetz vom 22. April 2024, das so genannte „DDADUE 2-Gesetz“[1], ändert die Vorschriften bezüglich bezahltem Urlaub für französische Arbeitnehmer bei Krankheit.
Wie in unserer Flash News vom 20. März[2] erwähnt, folgt dieses Gesetz den Urteilen des Kassationshofs vom 13. September 2023 und sieht vor, dass Arbeitnehmer, die krankgeschrieben sind, weiterhin Anspruch auf bezahlten Urlaub haben, und zwar unabhängig von der Art der Krankheit oder des Unfalls. Diese neuen Vorschriften, die ab dem Tag nach der Veröffentlichung des Gesetzes in Frankreich, d.h. ab dem 24. April 2024, gelten, beenden die Unsicherheit über den Urlaubsanspruch, werfen aber viele praktische Fragen auf.
- Was den Urlaubsanspruch betrifft:
Für die Berechnung des Urlaubsanspruchs werden nunmehr die folgenden Zeiträume als effektive Arbeitszeiten betrachtet:
- Zeiträume, in denen die Erfüllung des Arbeitsvertrags aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ausgesetzt ist. (Es ist zu beachten, dass die frühere Begrenzung auf einen ununterbrochenen Zeitraum von einem Jahr aufgehoben wird)
- Bei Berufskrankheit/Arbeitsunfall: Anspruch auf 2,5 Arbeitstage pro Monat bis zu 30 Arbeitstagen pro Jahr.
- Zeiträume, in denen die Erfüllung des Arbeitsvertrags wegen eines Unfalls oder einer Krankheit, die nicht berufsbedingt ist, ausgesetzt ist.
- Bei nicht berufsbedingter Krankheit: Anspruch auf 2 Arbeitstage bis zu 24 Arbeitstage pro Jahr
- Was den Urlaubsübertragungszeitraum betrifft:
Arbeitnehmern, die ihren Urlaub aufgrund von Krankheit nicht nehmen können, wird ein Übertragungszeitraum von fünfzehn Monaten[3] gewährt[4].
Bitte beachten Sie, dass der Zeitpunkt des Urlaubsübertrags je nach Situation unterschiedlich ist.
- Der Startpunkt ist das Datum, an dem der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber Informationen über den bezahlten Urlaub bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz erhält.
- Der Startpunkt ist das Datum des Endes der Periode für den Erwerb des bezahlten Urlaubs für Arbeitnehmer, die seit mehr als einem Jahr krankgeschrieben sind und deren Vertrag immer noch ausgesetzt ist. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer umgehend über seinen Anspruch auf nicht genommenen Urlaub und die Frist für den Urlaubsanspruch informieren.
Nach einer Krankschreibung aus irgendeinem Grund muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer innerhalb eines Monats nach Rückkehr an den Arbeitsplatz die folgenden Informationen übermitteln[5]:
- die Anzahl der Urlaubstage, über die der Arbeitnehmer verfügt;
- das Datum, bis zu dem diese Urlaubstage genommen werden können.
Diese Information erfolgt in jedweder Form, nur muss das Datum des Erhalts sichergestellt werden. Außer in Ausnahmefällen beginnt die Übertragungsfrist von 15 Monaten mit dieser Information.
Der Text sieht keine Mindestdauer des Krankenstandes vor, die die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Erteilung dieser Information auslöst. Der Arbeitgeber ist daher verpflichtet, den Arbeitnehmer nach jeder Krankschreibung zu informieren, unabhängig von der Dauer der Krankschreibung, einschließlich, so scheint es, wenn die Krankschreibung keinen Einfluss auf den Urlaubsanspruch hat.
- Was die rückwirkende Anwendung des Gesetzes betrifft:
Bitte beachten Sie, dass diese neuen Vorschriften rückwirkend für den Zeitraum zwischen dem 1. Dezember 2009 und dem 24. April 2024 gelten, vorbehaltlich von Gerichtsurteilen oder günstigeren tarifvertraglichen Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Erwerbs von Urlaubsansprüchen gelten.
In der Praxis: Das Verständnis und die korrekte Umsetzung der neuen Vorschriften über den Urlaubsanspruch ist für Arbeitgeber von entscheidender Bedeutung, da viele Arbeitnehmer die Zahlung von Urlaubsansprüchen rückwirkend einfordern können. Es ist wichtig zu beachten, dass die Frist, die dem Arbeitnehmer eingeräumt wird, um seine Ansprüche gerichtlich geltend zu machen, davon abhängt, ob er am 24. April 2024 noch im Unternehmen tätig ist oder nicht:
- wenn der Arbeitnehmer am 24. April 2024 noch in einem Arbeitsverhältnis steht, muss jede Klage innerhalb von zwei Jahren ab dem 24. April 2024 eingereicht werden, d.h. bis zum 23. April 2026 um Mitternacht;
- wenn der Arbeitnehmer das Unternehmen vor dem 24. April 2024 verlassen hat, gilt die dreijährige Verjährungsfrist ab der Kündigung des Arbeitsvertrages[6].
Es ist daher ratsam, dass Arbeitgeber jetzt die neuen Berechnungsmodalitäten für Urlaubsansprüche berücksichtigen, um eine effiziente Organisation zu gewährleisten. Eine erhöhte Überwachung ist erforderlich, um Verzögerungen bei der Information der Arbeitnehmer zu vermeiden und die Einhaltung der Fristen für die Übertragung von Urlaub zu gewährleisten.
Unser German Desk steht Ihnen jederzeit für Rückfragen oder weitere Auskünfte im Arbeitsrecht, gerne auch im Gesellschafts-, Vertrags-, Handels- und Insolvenzrecht, zur Verfügung.
Nicola Kömpf, Partner und Mathilde Gicquel, angestellte Rechtsanwältin.
[1] Loi 2024-364 du 22 avril 2024 portant diverses dispositions d’adaptation au droit de l’Union européenne en matière d’économie, de finances, de transition écologique, de droit pénal, de droit social et en matière agricole, d.h. Gesetz 2024-364 vom 22. April 2024 zur Anpassung verschiedener Vorschriften an das Recht der Europäischen Union im Bereich der Wirtschaft, der Finanzen, des ökologischen Übergangs, des Strafrechts, des Sozialrechts und der Landwirtschaft auf Französisch über den folgenden Link : https://www.legifrance.gouv.fr/jorf/article_jo/JORFARTI000049453299
[2] https://www.alerionavocats.com/de/flash-news-neues-aus-dem-franzoesischen-arbeitsrecht/
[3] Dieser Zeitraum kann durch Tarifvertrag verlängert werden.
[4] Neuer Artikel im französischen Arbeitsgesetzbuch L3141-19-1
[5] Neuer Artikel im französischen Arbeitsgesetzbuch L3141-19-3
[6] Artikel L3245-1 des französischen Arbeitsgesetzbuches